Aha-Moment: Der heilige Gral?

Oftmals liegt der Fokus beim Growth Hacking oder Growth-Marketing nur auf der Gewinnung von Traffic und neuen Sign-ups. Verständlicherweise, da ohne Traffic gar nichts läuft, richtig? Aber wenn der neugewonnene Traffic zwar zu einer Registrierung führt, aber anschließend nicht zur richtigen Produktnutzung, dann ist der Growth Hack definitiv rausgeworfenes Geld. Mindestens genauso schlimm ist, dass der User wohl nie wieder auch nur eine Sekunde in das Produkt investieren wird. Oder vielleicht sogar noch schlimmer: Die schlechte User Experience wird vom User weitergeben, so zum Beispiel im Social Web oder über ein Bewertungsportal.

1. Produkt- und User-Onboarding
2. Aha-Moment
3. Das perfekte Timing

1. Produkt- und User-Onboarding

Daher ist das Onboarding neuer Kunden eine der wichtigsten Aufgaben im Customer Success Management und damit gleichzeitig eine der kritischsten. Gelingt es dem CSM-Team, den Kunden in die erfolgreiche Nutzung des Produkts zu bringen, ist auch der Weg zum erfolgreichen Kunden frei. Verpasst man jedoch den richtigen Moment, erreicht man leider nur das Gegenteil: Frustration und Enttäuschung beim Kunden. Anschließend wird es einem in der Regel nur mit sehr viel Aufwand gelingen, den Kunden langfristig an sich zu binden.

2. Kreiere den Aha-Moment

Es wurde bereits viel über die richtigen Erwartungen des Users geschrieben. Die einzelnen Touchpoints vor dem Vertragsabschluss bauen die Erwartungen des Kunden an das Produkt entsprechend auf. Er verspricht sich einen bestimmten Produktnutzen, sonst würde er die Registrierung nicht durchführen.

Aha-Moment
Aha-Moment beim Produkt- und User-Onboarding

Das Onboarding ist der richtige Zeitpunkt, in dem der Kunde seinen Aha-Moment erleben sollte. Das heißt, während der Kunde das Produkt integriert oder es zum ersten Mal benutzt, erlebt er einen Moment, bei dem ihm klar wird, wie er zukünftig den versprochenen Nutzen mit der Lösung erreichen kann. Natürlich bedeutet das nicht, dass er unmittelbar den maximalen Nutzen des Produkts in den ersten Minuten sofort erreichen muss, das ist häufig nicht möglich. Sondern es bedeutet vielmehr, dass ihm während des Onboardings klar wird, wie er das Produkt zukünftig erfolgreich für seine Ziele einsetzen kann.

Beim Einbinden eines Bewertungssystems in einen Webshop kann dieser Aha-Moment zum Beispiel der Eingang der ersten zwei oder drei Bewertungen sein. In der Vorüberlegung zum Onboarding ist es daher wichtig zu analysieren, welche die wichtigsten Erwartungen der Kunden an das Produkt sind und wie man diese möglichst ohne Umwege erfüllen kann. Nichts motiviert mehr zum Weitermachen als Erfolg.

 

Am Beispiel des Bewertungstools ist dies wiederum einfach nachvollziehbar. Die Kunden wollen möglichst schnell und ohne viel Aufwand viele positive Bewertungen einsammeln. Somit ist die Customer Experience im Produkt so zu gestalten, dass die Kunden einfach mit dem automatischen Sammeln von Bewertungen beginnen können. Am besten sogar ohne Unterstützung von Programmierern oder Agenturen. Das CSMTeam ist dabei verantwortlich dafür, dass die Kunden auch die richtigen Informationen zur Produktintegration und anschließenden Nutzung erhalten.

In der Growth Hacking Szene gilt neben dem Product-Market-Fit das Onboarding als der unentdeckte „heilige Gral“, der ein echtes Growth Hacking Team rund um die Uhr beschäftigen kann. Es gibt hier immer etwas zu messen und zu optimieren. Es existieren Hunderte Best Practices, wie eine User Experience optimalerweise auszusehen hat. Allerdings muss man immer wieder herausfinden, wie der Onboarding-Prozess für das eigene Produkt und die jeweilige Target Group optimal gestaltet sein sollte. Sind genügend User vorhanden, um eine statistische Relevanz zu erzeugen, empfehlen sich natürlich auch hier AB-Testings.

3. Das perfekte Timing

Das richtige Timing ist vor allem beim Onboarding extrem wichtig. Nicht nur ihr selbst freut euch, wenn sich ein Neukunde angemeldet hat, sondern auch der Kunde selbst. Denn er hat ein paar vielleicht schwierigere Entscheidungsprozesse und Verhandlungen hinter sich. Sobald die Anmeldung erfolgreich abgeschlossen wurde, empfindet der Neukunde im besten Fall eine gewisse Euphorie, die man unbedingt als Momentum für das Onboarding nutzen sollte. Bei komplexeren SaaS-Lösungen gibt es zwei Arten von Onboarding: Das Produkt muss technisch aufgesetzt oder integriert werden und der User muss die Funktionalitäten des Produktes genau kennenlernen.

Für das User Onboarding übergibt man den Kunden intern quasi von der Sales-Abteilung zu den Customer Success Managern. In den meisten Unternehmen sind dies zwei unterschiedliche Verantwortlichkeitsbereiche.

Eine sehr saubere und prozessuale Übergabe in irgendeiner Form (im Optimalfall über ein einheitliches CRM-System) ist sehr wertvoll, damit man beim Onboarding auf Informationen eingehen kann, die dem Kunden vielleicht bereits im Kaufprozess besonders wichtig waren. Mit Hilfe von Produkttouren, Webinaren oder hoch qualitativen Anleitungen lassen sich die nächsten Schritte zur optimalen Produktnutzung gut erklären. Natürlich ist dies je nach Business immer ein großes zeitliches Investment, wenn man sich für jeden neuen Kunden 20 bis 30 Minuten Zeit nimmt, um ihn persönlich durch das Produkt zu führen. Auf der anderen Seite erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde erfolgreich startet, enorm und zahlt sich später über den höheren Customer Lifetime Value mehrfach wieder aus.

Das Produkt Onboarding, also die technische Einbindung oder das Aufsetzen der Lösung für den Kunden, fängt schon bei der Registrierung des Users auf der Website an. Dem User muss einfach und transparent dargestellt werden, was er zur Registrierung zu tun hat und was ihn anschließend erwartet. Man kennt Darstellungen der einzelnen Prozessschritte zum Beispiel aus  Online-Shops „Warenkorb“, „Registrierung“, Bezahlung“, „Prüfen und Bestellen“. Mir fehlt sehr oft der Schritt „Bezahlung“. Hier sollte man nicht mit der Grafik schummeln, sondern den Prozess so beschreiben, wie er ist. Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, neue Versionen einer technischen Anleitung noch während der Erstellung durch ein paar Kunden validieren zu lassen. Das ist sehr lehrreich, da die Kunden selbst immer ein bisschen anders ticken als man selbst. Man erfährt zumindest immer Dinge, die man im Vorfeld niemals für möglich gehalten hätte.
Darüber hinaus ist es wichtig, Kunden schon bei der Registrierung auf der Website zu erklären, in welcher Form sie Support erhalten können. Eine einfache und bewährte Methode, um Support anzubieten, die später darüber hinaus manuellen Support-Aufwand spart, ist die Bereitstellung von guten FAQs direkt auf der Website. By the way – ein echter Growth Hack, nicht zuletzt wegen des positiven SEO-Effekts und des positiven Einflusses auf die Konversionsrate. Denn gut gepflegte FAQs räumen im besten Fall die letzten Zweifel des Besuchers aus.

Das Gleiche gilt für das Angebot von persönlichem Support. User lieben das Gefühl, im Notfall auf manuellen Support zurückgreifen zu können. Aus Produktentwickler-Sicht sollte man nicht vergessen, dass manueller Support immer eine Chance darstellt, mit Kunden live zu interagieren.

Zum richtigen Timing gehört, den Versandzeitpunkt von System-Mails richtig zu wählen. Eine Double-Opt-in-Mail muss wirklich innerhalb von einer Minute verschickt werden. Wenn der Mail-Server die Bestätigungsmail erst eine Stunde später verschickt, kann das schon zu spät sein. Das hört sich trivial an, ist es aber in der Realität leider nicht. Große Unternehmen versenden einige 1.000 System-Mails pro Stunde, so dass Mails auch schon einmal in einer Warteschlange hängen bleiben können. Startups hingegen haben ihre IT-Infrastruktur oftmals noch nicht im Griff, so dass ihnen gar nicht bewusst ist, wann genau welche Mails versendet werden.

Da wird dann viel Geld ins Growth Marketing gesteckt und später scheitert es am zu späten Mail-Versand der Onboarding-Mails. Noch schlimmer: Die Mails landen alle in den Spam-foldern der E-Mail-Clients oder Freemailing-Tools. Das darf nicht passieren, ist aber schnell passiert.

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